Man hat uns neulich gefragt, wie denn unser Design-Prozess aussähe. Eine Frage, die Ino gerne mit zwei Worten beantwortet. Und diese sind ausnahmsweise nicht „ziemlich geil“, sondern „hands-on“. Aber, aufgrund der Wichtigkeit dieser Frage, holen wir noch einmal etwas weiter aus und gewähren einen Blick hinter die Kulissen.
Entdecken, hinhören und verstehen. Eventuell auch mal kotzen.
Wer unsere TypoBerlinz im Rahmen des #FRTG besucht und genau hingehört hat, erinnert sich womöglich an die Worte von Hendrik Weber im Bezug auf das Porsche Typografie-Projekt: Einen Design-Auftrag für eine solch große Marke schüttelt man nicht einfach aus dem Ärmel. Es bedarf zuerst einer intensiven Auseinandersetzung mit der Marke. Dazu gehörte in Hendriks Fall auch eine Testfahrt in einem Rennboliden, die ihm ein Wiedersehen mit seinem Frühstück bescherte.
Zu Beginn eines Projektes geht es also nicht um das Analysieren von irgendwelchen Analytics-Daten, Studieren von Marktforschungsergebnissen oder Abhalten von fancy Workshops. Vielmehr geht es darum, sich mit dem Unternehmen, der Marke und dem User zu beschäftigten. Welche Menschen arbeiten dort? Wie ticken die? Was treibt sie an? Wie funktioniert das Produkt? Wie kommt dieses beim User an und welches Bild hat der im Kopf? Ihr kennt die Fragen.
Ist sich der Kunde bei all diesen Fragen selbst nicht sicher, helfen wir gerne dabei das Verständnis zu schärfen oder gemeinsam aufzubauen. Wir möchten aber nicht nur unsere Kunden besser verstehen, sondern uns auch in die Kunden der Kunden hineinversetzen. Angler, Köder, Fisch und so. Das kennt ihr bestimmt auch.
Der initiale Schritt schaut bei jedem Projekt anders aus. Wenn dieser, wie bei Hendrik, eine Kotztüte erfordert, nehmen wir das auch in Kauf. Die bekannte extra mile gehen und fahren wir gerne.
Ideen brauchen Platz und Zeit. Und jemanden der sie zerreißt.
Wenn man alle Eindrücke, Informationen, Insights und etwaige Testfahrten absolviert und beisammen hat und die Gedanken erstmal sortiert sind, fügen sich diese Puzzleteile schon sehr schnell zu konkreten Ideen zusammen. Oder eben nicht – Ideen entstehen bekanntlich nicht auf Kommando. Was tun, wenn nichts Brauchbares dabei ist?
Methoden zur Generierung von Ideen gibt es viele und meist tauchen sie im Zusammenhang mit dem Buzzword Design Thinking auf. Design Thinking bringt viele spannende Ansätze, Methoden und Tools mit sich und kann in vielen Projekten die richtigen Weichen stellen und somit zu neuen Innovationen führen. Dass der Output bei solchen Prozessen nur so gut ist, wie die Leute die dran arbeiten, ist klar. Das beste Werkzeug bringt wenig, wenn ich damit nicht umgehen kann und nur das mache, wonach User schreien. Dann lieber das Werkzeug weglegen und die Intuition arbeiten lassen.
Und überhaupt: Manche haben die besten Ideen immer noch auf dem Klo, beim Radfahren oder Schlafen (mhm, schlafen). Denn Loslassen ist bekanntlich die beste Methode, um Ideen zu entwickeln. Apropos loslassen. Auch wenn eventuell nicht jeder deine Idee so grenzgenial findet wie du selbst, geh raus und zeig sie her. Egal ob draußen auf der Straße, im Team oder im privaten Umfeld: Menschen haben viele Meinungen – hol sie ein, denn sie sind wertvoll. Dank frischen Perspektiven und der einen oder anderen spannenden Diskussion kommen neue Ideen und schlussendlich fundierte Konzepte zustande.
Pingpong statt „Waterfail“
Bis hierher mag diese Herangehensweise vielleicht etwas Waterfall-artig daherkommen. Damit das aber zu keinem „Waterfail“ wird, nehmen wir auch jene von Anfang an mit ins Boot, die sich tagtäglich den Kopf darüber zerbrechen, wie man all diese Ideen in die digitale Welt bekommt. Development-Kollege David ist nicht nur Freund von absolutem Vodka, sondern auch von absolut jeder Möglichkeit, Ideen zwischen den Teams hin und her zu spielen. Er trainiert aber auch heimlich für die Pingpong World Champs in Berlinz.
Dieses Pingpong Spielen ist ein wichtiger Teil des gesamten Prozesses. Dies geschieht nicht nur zwischen uns und unseren Kunden, sondern eben auch innerhalb unseres Teams. Mögliche Sackgassen können so schneller identifiziert, mit dem Kunden abgesprochen und schließlich umgangen werden.
Die hands-on-Mentalität gilt aber auch für das Development. Sind sich Gestalter und Entwickler uneins und in einer Designer vs. Dev Diskussion verstrickt, gibt es klare Spielregeln: Hat die Entscheidung gravierenden Einfluss auf die User Experience, entscheidet der Designer. Hat es hingegen massiven Einfluss auf die Performance und erzeugt nur unnötig Overhead, entscheidet der Dev. Probleme löst man eben nur anhand von Kompromissen.
Gestalten – mehr als nur Malen nach Zahlen
Was wären die großen Ideen ohne Gestaltung? Es geht nicht nur darum, etwas zu verändern, erstellen oder zu entwickeln. Gestalten bedeutet auch, etwas zu bewirken oder zu beeinflussen. Nicht ohne Grund wird Gestaltung daher auch oft mit anderen Disziplinen, wie zum Beispiel der Psychologie, in Verbindung gebracht. Aber das ist eine andere Geschichte.
Geschieht Gestaltung ohne jegliches Verständnis für das Unternehmen, die Marke oder die User, ist es bloß Kosmetik und kann nach hinten losgehen. Natürlich kann man nun jede einzelne Entscheidung während der Gestaltung mit zuvor definierten Werten, Prinzipien, Zielen und Anforderungen gegenchecken. Wenn man aber die eigene Intuition nicht mitnimmt, wird das Resultat auch wieder nur aufgesetzt wirken. Spiegelt die Startseite einer Website beispielsweise nur die Wünsche unterschiedlicher Stakeholder wider, ist man kein Gestalter sondern – um bei Anglizismen zu bleiben – lediglich ein pleaser. Vergisst man außerdem, dass nur wenige User Journeys bei der Startseite beginnen, hat man nicht nur die Hausaufgaben nicht gemacht, sondern verbrennt obendrein noch wertvolle Ressourcen.
Gestaltung beginnt bei uns also nicht bei Design Principles, Wireframes, Mockups oder Animationen. Wir sind uns unser Verantwortung bewusst und haben stets das große Ganze im Hinterkopf. Und dazu gehört neben einer soliden Informationsarchitektur, smarten User Journeys, welche nicht zwingend bei der Startseite beginnen, eben auch Entscheidungen, welche aus dem Bauch getroffen werden. Und ist man einmal soweit, dass man Animationen definiert, sind selbst diese begründet und entsprechen der Tonalität der Marke oder des Unternehmens.
tl;dr
Viele Wege führen bekanntlich nach Rom und so ist auch der oben skizzierte Weg nur einer von vielen. Eine gut geführte Ideefindungs-Route à la Design Thinking lässt sich nicht einfach auf jedes Projekt anwenden und behindert zudem meist intuitive Entscheidungen. Wir sind daher Fans von einer Herangehensweise, welche sich an das Projekt anpasst und Methoden verwendet, die es eben gerade benötigt, um voranzukommen. Wie dieser Prozess schlussendlich bezeichnet wird, ist uns eher schnuppe. Hauptsache der Output stimmt und knallt.
Am Ende des Tages lässt sich unsere Herangehensweise auf drei Aspekte zurückzuführen: die Menschen, die daran arbeiten, sowie deren Intuition und Einfühlungsvermögen. Gemeinsam den Weg gehen und dabei die Augen und Lauscher aufmachen. Das Problem so lange zerlegen, bis sich die Lösung offenbart. Rausgehen und mit Menschen sprechen. Ping-Pong spielen und sich dessen bewusst sein, welche Auswirkungen (gute) Gestaltung hat. Einfach machen und nicht lange herumeiern. Hands-on eben … und trotzdem ziemlich geil.
Wir sind Fans von (kontroversen) Diskussionen und lauschen gerne, was andere zu diesem Thema zu sagen haben. Schreib uns oder schau vorbei. Kaffeemaschine läuft und Bier ist eingekühlt.