30 Tickets, zwei Speaker und nur dieses eine kleine, feine Wohnzimmer. Das Privatkonzert der Typo-Rockstars Marianna Paszkowska und Hendrik Weber war maximal lauschig, aber inhaltlich so wertvoll wie eine große Typo-Konferenz. Es war uns ein Luftsprung, euch alle hier gehabt zu haben.
Talk #1: Variable Fonts
Designer sowie Frontend-Developer waren ganz schön aus dem Häuschen, als im September 2016 die Einführung der neuen Open-Type-Spezifikation 1.8 angekündigt wurde. Hinter der nüchternen Zahl steckt das revolutionäre Versprechen, dass sich Schriften dynamisch ihren Umgebungsbedingungen anpassen. Gut, damit war die Katze erstmal aus dem Sack. Aber wo steckt jetzt die Katze?
Aktuell stecken Typo-Ingenieure mitten in der Gestaltung und Programmierung von variablen Schriften, welche einen sauberen Satz nun auch im Netz steuerbar machen. Die ersten laufen schon auf Safari und Chrome. Gibt’s eigentlich diesen Internet Explorer noch? Egal, wir schweifen ab.
Wie man Variable Fonts baut, was sich in der Praxis damit anstellen lässt und wer bereits damit experimentiert, das zeigte uns Marianna Paszkowska, Type Engineer bei Monotype. Wer sie beim FRTG verpasst hat, kann Marianna bei der TYPO Berlin im Mai treffen. Dort ist sie als Speakerin dabei.
Talk #2: Typo und Branding
Typografie ist Branding. Obwohl wir das natürlich alle wissen, hat uns Hendrik Weber, Type Director bei Monotype, die Kommunikationskraft von Typografie anhand von Canyon, Bentley, Porsche und J!NS flammend vor Augen geführt.
Die Aufgabe der Typografie ist es, Markenpersönlichkeit spürbar zu machen. Das bedeutet nicht, sich als Schrift selbst in den Mittelpunkt zu rücken. In einer Presse-Aussendung von Porsche zum neuen Corporate Design hieß es in einer Überschrift: "Haben Sie die neue Schrift bemerkt?". Das ist typisch Hendrik. Wenn der kreative Leiter eines internationalen Schriftenentwicklungsteams Glyphen weiterentwickelt, dann schlägt er selten Purzelbäume, eher macht er Trippelschritte. Auf Zehenspitzen. Diese Feinfühligkeit braucht es, damit die Marke im Vordergrund steht. Nicht die Schrift.
Aber wie weiß man, was die Markenpersönlichkeit ist? Bevor er sich an das Schriftdesign setzt, will er zuerst das Produkt, die Marke und die Kunden der Marke verstehen. So ließ sich Hendrik Weber, als er am Typo-Redesign für Porsche arbeitete, in einem Sportwagen vom Flughafen abholen und sich zeigen, was in diesem Auto steckt. Als er ausstieg, war ihm speiübel, aber das war ihm nur recht. Er verstand, dass Porsche nicht nur ein schönes Auto ist. Die Marke hat Benzin im Blut und Technik im Schädel. Das wusste Designer, wie er Schrift aussehen muss. Sie brauchte Kraft, Gewicht und Geometrie. Der Rest ist Designgeschichte.
Stößel, Billy Dilly und das Gerät.
Was wären die großen Talks ohne die kleinen intime Gespräche dazwischen? Wir haben die vielen netten Unterredungen, die Wiedersehens und Kennenlernens, die losen Wuzzel-Dates und Speed-Text-Nachhilfen sehr genossen. Wir alle haben dabei etwas gelernt: Wie man Billy Dilly macht. Oder besser: Wie man ihn nicht macht. Trotz liebevoller Anleitung unseres Front-End-Developers mit einer Schwäche für Comic Sans schafften wir alle gerade mal einen Gurkensalat mit Vodka. Vielleicht konnten wir einfach nicht mit dem Gerät des Abends umgehen: dem Stößel.
Zu unserer Verteidigung: Wir sind größere Geräte gewohnt. DAS Gerät. Das hatte am FRTG freilich auch seinen Auftritt. Schöne Schriften und noch schönere Inhalte wurde an Containern und Menschen getestet. Wer auch mal will, das Gerät gibt's im Fan-Shop zum Ausborgen. Vielleicht verleihen wir auch bald die Stößel. Mal sehen.
Übrigens haben wir uns über die zahlreichen Komplimente zur Jause gefreut. Hätten wir uns gern behalten, aber das Lob gebührt dem Mühltalhof. Das frische Brot, der Speck und die Aufstriche waren ein Vorgeschmack auf Fernruf 7, dem neuesten Streich der Familie Rachinger.
Jetzt ist aber Schluss mit lustig.
Weiter geht's beim nächsten #FRTG.