Viele Menschen, viele Talks, viel Musik und ganz besonders viele Kalorien – das Fifteen Seconds 2019 war ein Festival des Überflusses. Hier eine kleine Zusammenfassung, wie das genau aussah und was man dabei alles mit nach Hause nehmen konnte.
#1 Die Besucher
In diesem Jahr stürmten 6127 Besucher die Grazer Stadthalle – darunter auch sehr viel junges Publikum, das sich angezogen vom Claim “The future belongs to the curious ones” frische Ideen und neue Kontakte wünschte. Trotz dieses Ansturms war der Check-In am Donnerstag in aller Kürze abgehakt und die Jagd auf den ersten (von vielen) Kaffee(s) konnte beginnen.
#2 Die Bühnen
2019 wurde das Fifteen Seconds nochmals etwas umgekrempelt und um die Bereiche Business, Science, Mobility und Technology erweitert. Ohne die beiden Workshop-Tracks und mit den weiteren Stages aus dem Vorjahr machte das also 9 Bühnen, bei denen man Wissen unterschiedlichster Art aufsaugen konnte – manche davon clever gelöst als Silent Stages mit Kopfhörern, um nicht mit den weiteren Sounds zu kollidieren.
#3 Die Tinder-App
Da neben den Talks vor allem auch das Buzzword “Networking” ganz groß geschrieben wurde, gab es mit der “FS Match App” – einer Art Tinder für Business-Kontakte – und dem “Dinner with a stranger” ausgiebig Möglichkeiten sich kennenzulernen und zu vernetzen. Ehrlich gesagt: wir haben’s nicht ausprobiert. Schließlich klappt Vernetzung im Fredmansky-Stil bei dem einen oder anderen Bier doch mindestens genauso gut.
#4 Das Festival
DJs beim Check-In, DJs beim Frühstücks-Crêpe, DJs zum Abstoppen zu langer Vorträge – warum gab’s eigentlich keine DJs am WC? An Musik sollte es beim Fifteen Seconds nicht mangeln, was uns den Festival-Charakter nochmals deutlich unter die Nase rieb (neben Bällchenbad, Food Trucks und einem recht prominenten Hauch von Kunst- und Designmarkt in Form von Einkaufsmöglichkeiten). Schade bloß, dass der Bier-Truck viel zu früh geleert war. Aber Moment mal – schon wieder Bier, waren wir nicht eigentlich wegen der Talks dort?
#5 Der erste Talk
Get things done
Na gut, mal schnell auf die ToDo-Liste spicken.“Blogartikel über die Highlights am Fifteen Seconds schreiben” steht da unübersehbar. Apropos ToDo-Listen. Produktivitäts-Guru David Allen entführte uns im ersten Talk des Fifteen Seconds in die Welt seiner “GTD-Methode”.
Gehirn und Gedanken sollten sich anpassungsfähig und gleichermaßen entspannt wie Wasser verhalten, nicht wie ein von Dokumenten überquellender Arbeitsplatz. Seine Methode besteht aus fünf einfachen Schritten: Capture – Clarify – Organize – Reflect – Engage. Oder kurz gesagt: Dinge, die man nicht vergessen sollte, raus aus dem Gehirn auf’s Papier bringen, sortieren was davon überhaupt machbar ist und sich diese Dinge dann auch vor Augen halten und einfach machen. Genauso simpel und offensichtlich wie ein Koffer, den man sich direkt zur Tür stellt, um ihn am nächsten Tag nicht zu vergessen.
#6 Die klarsten Ansagen
This might get me fired
Author Greg Larkin sprach in seinem Talk über verpasste Chancen, Innovationen und Veränderungen, besonders in großen Unternehmen. Er erzählte vom Paten, dieser einen mächtigen Führungskraft, die das Unternehmen weiterentwickeln kann, aber aus Vorsicht und wegen fehlender Ressourcen noch nicht getan hat. Und von der geheimen Gesellschaft – den Punks – im Unternehmen, die wirklich etwas bewegen möchte und das entsprechende Talent, die Motivation und die Geschwindigkeit dafür aufbringt. Tun sich die beiden zusammen und haben keine Angst davor, einen Schritt weiter zu denken, Gewohntes aufzubrechen und dafür gefeuert zu werden, können sie Großes bewirken. Wer bloß versucht, sich anzupassen und auf Autorisierung wartet, wird dies niemals erreichen.
The innovation most companies need will not be authorized.
Exist loudly
Stephen Gates von InVision schuf mit seinem Vortrag mein persönliches Highlight. Mit schonungsloser Ehrlichkeit, die er von uns genauso verlangte, und vielen Aussagen, die es auf den Punkt brachten. Seine Annahme war (und ist) ganz einfach: “Every company is dysfunctional”. Wie so oft auch hier der Aufruf: Beweg dich raus aus der Komfortzone. Umgebe dich nicht nur mit Leuten, die dir zustimmen, auch wenn’s dort am schönsten ist. Ändere das Denken, nicht bloß das Verhalten. Veränderung benötigt vier Zutaten: Mut, Verwundbarkeit, Risiko und emotionale Enthüllung. Bilde deine eigene Marke. Entwickle dich und dadurch auch dein Team. Klar, haben wir alles schon mal gehört, aber Stephen vermittelte die Themen auf so eine charmante und direkte Art, dass es einen mitriss.
Build a brand someone will hate.
#7 Die bunten Vögel
Sich anhören, was es noch so außerhalb des Universums gibt. Auf einer “Marketing-Konferenz”. Kann man schon mal machen. Im Fall von James Beacham von CERN sollte man das sogar unbedingt, denn die Geschichte des Teilchenphysikers war nicht nur spannend erzählt, sondern regte auch zum Nachdenken und Entdecken an.
Von der Physik zur Chemie. Mit seiner explosiven Performance und seinem schier nie enden wollendem Atem hielt Andrew Szydio das Publikum auf Trab und verpasste uns den einen oder anderen Schreckmoment.
Von Chemie hält Johannes Gutmann, der Gründer von Sonnentor, ja bekanntlich nicht viel. Die brauchte er am Fifteen Seconds auch gar nicht, schließlich sprühte sein Vortrag auch so schon vor Energie und bot uns den Ausflug in eine Welt, wo alles ein bisschen besser und natürlicher scheint.
Wie lässt sich jetzt noch die Kurve zur Pornoindustrie kriegen? Vermutlich gar nicht. Doch auch der Talk von Andrew Cross von Pornhub, der bereits im letzten Jahr schon die Besucher begeisterte, sollte nicht unerwähnt bleiben. In diesem Jahr waren es allerdings eher die Fragen aus dem Publikum, die uns zum Lachen brachten, der Vortrag selbst über “Geld verdienen in der Pornoindustrie” war recht kurz und knackig gehalten.
Den Abschluss des Festivals bestritt Andrew Tarvin mit seinem humorvollen Vortrag über … Überraschung … Humor! Eine Punktlandung also, die dennoch den einen oder anderen Tipp zum Nachdenken beinhaltete.
#8 Das Fazit
Das Fifteen Seconds ist definitiv mehr als eine Marketing-Konferenz. Mehr Festival. Mehr Personen. Mehr Eindrücke. Ein Event zum Treiben lassen, zum Ausbrechen, zum Leute treffen und Kontakte knüpfen. Lässt man das nagende Gefühl außen vor, dabei etwas verpassen zu können, kann man sich’s dort richtig gut gehen lassen. Wir zehren jetzt noch von all den Eindrücken (und nicht zuletzt den schokoladigen Crêpes), hoffen aber insgeheim, dass das Fifteen Seconds nicht nach und nach seine Herkunft (als “Marketing Rockstars”) vergisst.